Am 3. Mai 2023 befassten sich gleich vier Ausschüsse des Bundesrats mit der GEG-Novelle. Federführend war dabei der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung. Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrats wurden auf 33 Seiten besonders ausführlich begründet. Als der Bundesrat am 12. Mai 2023 im Plenum zur GEG-Novelle tagte, folgten die Mitglieder in ihrem Beschluss den Ausschussempfehlungen in vielerlei Hinsichten. Zur kommunalen Wärmeplanung empfahl der Bundesrat u. a.:
»Die Bundesregierung wird gebeten, eine bundesweit geltende Verpflichtung einer kommunalen Wärmeplanung zu schaffen, die bereits bestehende Länderregelungen berücksichtigt. Zudem ist sicherzustellen, dass die besonderen Übergangsvorschriften des GEG für kommunale wie auch private Planungen von Wärmenetzen Anwendung finden. Außerdem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Förderung von perspektivisch auf erneuerbaren Energien basierenden Wärmenetzen zu verbessern.«
Die Umstellung der Beheizung von Gebäuden auf nicht-fossile Brennstoffe müsse sehr effizient erfolgen und umfassend koordiniert sein. Die kommunale Wärmeplanung könne die anstehenden Änderungen der Wärmewende vorausschauend gestalten und übersichtlich darstellen. Dieses geschehe aufgrund von Bestands- und Potenzialanalysen der Wärmeversorgung. So könnten die betroffenen und engagierten Akteure der Wärmewende die notwendigen Maßnahmen vorausschauend planen und danach praxisbezogen umsetzen.
Die resultierenden Informationen der kommunalen Wärmeplanung wären für private und gewerbliche Investoren von größtem Interesse. Beispielsweise könnten sie erfahren, ob für ein bestimmtes Baugrundstück ein Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz vorgesehen sei.
Aufgrund der Beschlussempfehlung des Bundestagausschusses wurde der § 71 um weitere Absätze ergänzt.
Die Regelung im neuen Absatz 8 schafft den Übergang und verzahnt das GEG mit der Wärmeplanung. Sie gilt für neu installierte Heizungen in Bestandsbauten und in Neubauten außerhalb von Neubaugebieten. Letztere könnten beispielsweise Bauvorhaben in Baulücken sein, wie wir es von der Bauverdichtung kennen. Bis zum Vorliegen der Wärmepläne gilt für Bestandsgebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten ein Aufschub für die Pflicht zur Nutzung von 65 Prozent erneuerbaren Energien bei neu installierten Heizungen.
Die Fristen für Gemeinden, Wärmepläne verpflichtend zu erstellen, regelt das Gesetz zur Wärmeplanung abhängig von der Anzahl der angemeldeten Einwohner in der Gemeinde. Wenn beispielsweise laut Wärmeplanung zum vorgeschriebenen Termin ersichtlich wird, dass ein Fernwärmenetz für ein bestimmtes Grundstück vorliegen wird, welches die Anforderungen des Wärmeplanungsgesetzes erfüllt, bietet es sich an, das Bestandsgebäude künftig auch daran anzuschließen. Auf diese Weise sind die Fristen im Wärmeplanungsgesetz und die Anforderungen der GEG-Novelle an neu installierte Heizungen miteinander verzahnt.
1. Wärmeplanung: Sie soll Bauherren, Eigentümer und Unternehmen informieren und ihnen bei ihren Investitionsentscheidungen für ein kosteneffizientes, klimagerechtes Heizen helfen. Die Wärmeplanung zeigt beispielsweise, ob an einem Gebäude-Standort oder Grundstück eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung bereits jetzt oder künftig geplant ist. Für die Wärmeplanung sind keine neuen Daten notwendig. Genutzt werden vorhandene Informationen, die Behörden, Energieversorgern und Schornsteinfegern bereits vorliegen. Dabei definiert das Gesetz die »Wärmeplanung« als eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung. »Der Wärmeplan hat keine rechtliche Außenwirkung und begründet keine einklagbaren Rechte oder Pflichten… Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass die planungsverantwortliche Stelle den Wärmeplan einer durch Landesrecht bestimmten Stelle zur Genehmigung vorlegen muss.« Der Bund will die Erstellung von Wärmeplänen mit 500 Millionen Euro fördern, betonte die Bundesbauministerin bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes.
Die Fristen dafür sehen wie folgt aus: Die Länder müssen sicherstellen, dass Wärmepläne erstellt werden. Diese Aufgabe übernehmen üblicherweise die Städte und Kommunen. Der gesetzliche Zeitplan orientiert sich an der Anzahl der angemeldeten Einwohner in der Gemeinde und sieht folgendermaßen aus:
- Großstädte (über 100.000 Einwohner) müssen Wärmepläne bis zum 30. Juni 2026 erstellen.
- Gemeinden (höchstens 100.000 Einwohner) müssen Wärmepläne bis zum 30. Juni 2028 erstellen.
Kleinere Gemeinden (unter 10.000 Einwohner) können ein vereinfachtes Verfahren anwenden, wenn das Bundesland demenentsprechend entscheidet.
2. Dekarbonisierung der Wärmenetze: Die Fernwärme ist für die künftige, klimaneutralen Wärmeversorgung besonders wichtig, insbesondere in urbanen Gebieten. Die Wärmenetze sollen ausgebaut und auf erneuerbare Wärme Energien umgestellt werden. Aktuell sind etwa 14 Prozent der Haushalte an Fernwärme angeschlossen, die nur zu 20 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt. Bis zum Jahr 2045 soll die gesamte Fernwärmeversorgung klimaneutral erfolgen. Das Gesetz schreibt Mindestziele für den Anteil aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme vor. Damit regelt es die schrittweise Dekarbonisierung und den Ausbau der Fernwärme. Bis 2030 soll bereits die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral erzeugt werden.
Bis dahin sollen die Wärmenetze zu 30 Prozent und bis 2040 zu 80 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme führen. Neue Wärmenetze müssen bereits ab dem 1. Januar 2024 mindestens 65 Prozent erneuerbare Wärme führen.
Diese erste Fassung des Gesetzesentwurfs diente ausschließlich der Meinungsbildung für Länder und Verbände. Sie erhielten Gelegenheit sich dazu zu äußern. Die Ressorts behielten sich vor, den Entwurf noch zu ändern. Der zweite Referentenentwurf vom 21. Juni 2023 berücksichtigte die Vorschläge der Länder und betroffener Verbände und umfasste zahlreiche Änderungen.
Auch dazu konnten sich die Länder und Verbände äußern. Am Mittwoch, den 16. August 2023, hat das Bundeskabinett das Gesetz beschlossen und an den Bundesrat weitergereicht. Seit dem 18. August 2023 ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Webseiten des Bundesrates als BT-Drs. 388/23 veröffentlicht. Dieses Gremium wird sich nun im nächsten parlamentarischen Schritt damit befassen
Wichtig ist zu wissen, dass dieses Gesetz nicht von der Zustimmung des Bundesrates abhängt, wie dies früher bei den Novellen der Energieeinsparverordnung (EnEV) der Fall war. Damals hatte der Bundesrat durch das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) stets „das letzte Wort“. Die Vertreter der Bundesländer nahmen diese Chance auch gerne wahr. Nicht zu vergessen ist jedoch, dass die Bundesländer nach wie vor für die praktische Umsetzung der bundesweit geltenden energiesparrechtlichen Regelungen verantwortlich sind.
Nach dem Bundesrat muss noch der Bundestag sich mit dem Wärmeplanungsgesetz befassen und im günstigen Falle im Plenum verabschieden. Zum Zeitpunkt dieses Interviews stand noch nicht fest, wann genau die Abgeordneten des Bundestages zum Wärmeplanungsgesetz beraten werden. Nachdem der Bundestag das Gesetz im Plenum beraten und verabschiedet hat, müsste es im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Wenn alles reibungslos läuft, sollte das Wärmeplanungsgesetz auch am 1. Januar 2024 parallel zur GEG-Novelle in Kraft treten.
Bausachverständige sollten sich in den nächsten Monaten darauf einstellen, dass Sie sich sehr intensiv mit den neuen Vorschriften befassen. Ihre Auftraggeber – Bauherren, Eigentümer, Verwalter und kommunalen Entscheider – erwarten eine kompetente, zukunftsorientierte Beratung, Planung und Ausführung ihrer Gebäude und Wärmeerzeugung. Über mein Fachportal GEG-info.de und den neuen GEG-Experten-Newsletter werde ich weiterhin die professionellen Anwender des GEG auch zum Wärmeplanungsgesetz auf dem Laufenden halten.
Weiterführende Informationen und Materialien:
BMWSB:
Entwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der
Wärmenetze
BMWK:
Entwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der
Wärmenetze
Bundeskabinett:
Wärmeplanung für ganz Deutschland
Bundesrat:
Entwurf eines Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der
Wärmenetze
Alle Quellenangaben siehe auch auf
www.geg-info.de und auf
wpg-info.de.
Kontakt
Melita Tuschinski
Dipl.-Ing./UT, Freie Architektin und Fachautorin in Stuttgart
Expertenportal: GEG-info.de | EnEV-online.de | GEIG-online.de
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Internet: www.tuschinski.de